Glückstadt besaß in dänischer Zeit eine der fünf Gelehrtenschulen Holsteins, welche die Aufgabe hatten, junge Menschen auf den Besuch der Universitäten vorzubereiten. Als Preußen die Verwaltung des Landes übernahm, wurde der Lehrplan nach preußischem Muster umgestellt, aus der Glückstädter Gelehrtenschule wurde ein Königlich Preußisches Gymnasium. Die Schule war zwar staatlich, die Stadt hatte sich jedoch in dem „Inventarium und Reglement für die oeconomische Verwaltung der Gelehrtenschule in Glückstadt“ vom 7. 8. 1863, also noch in dänischer Zeit, verpflichtet, die aus dem Jahre 1858 stammenden Baulichkeiten und das Inventar der Schule „in Stand zu setzen und zu erhalten“. Ferner leistete sie zum Wohnungsgeld der Lehrer und zum Gehalt des Rektors einen jährlichen Beitrag von 512 Talern (später 1536 Mark) aus der Stadtkasse. Darüber hinaus hatte die Stadt keinerlei Verpflichtungen. Die Schule war seit längerem zu klein für die wachsende Schülerzahl (1872 besuchten 171 Schüler das Gymnasium), selbst die Aula war in Klassenräume verwandelt worden. Das Königliche Provinzial-Schulkollegium forderte deshalb die Stadtverwaltung auf, Pläne für einen Erweiterungsbau vorzulegen. Die städtischen Kollegien faßten auch am 22.11.1872 einen entsprechenden Beschluß. Der eingereichte Bauplan fand indessen nicht die Billigung der Behörde, weil er die Raumnot der Schule nicht beseitigt, sondern nur gelindert hätte. Die Sache geriet, wie in solchen Fällen üblich, auf die lange Bank. Erst als Dr. Detlefsen am 1.4.1879 Direktor des Gymnasiums wurde, kam der Erweiterungsbau voran. Das baufällige Diakonat, neben der Schule belegen, wurde aufgekauft und abgerissen. Auf dem Gelände entstanden neue Klassenräume sowie Dienstwohnungen für den Direktor und den Schuldiener. Auch eine Turnhalle wurde gebaut und die Aula wieder hergestellt. Die Baukosten beliefen sich auf 92000 Mark, davon trug die Stadt 12000 Mark. Die Schule entwickelte sich unter Direktor Detlefsens Leitung erfreulich. Ostern 1883 wurde die Sekunda, bald darauf die Tertia geteilt, so daß jetzt 9 Klassen vorhanden waren, die von 13 Lehrern unterrichtet wurden. Die Schülerzahl, etwa 180 Schüler, blieb konstant. In den neunziger Jahren geriet die Gymnasialpädagogik in Bewegung. Die modernen Naturwissenschaften und die Kunsterziehungsbewegung setzten sich durch. Neben das bisher vorherrschende altsprachige Gymnasium trat als neue Schulform die Oberrealschule. Auch der Lehrplan der alten „Gelehrtenschulen“ wandelte sich. Die Glückstädter Schule brauchte neue Räume. 1899 entstand ein Nebengebäude mit einem Zeichensaal und einem „physikalischen Kabinett“; jetzt konnte man den Erfordernissen des modernen Unterrichtes Rechnung tragen. Auch die Schülerzahl wuchs.“
Dr. phil. Ernst-Adolf Meinert (1920-1985), Oberstudiendirektor (1974-1985) in: Glückstadt im Wandel der Zeiten, Band 3, 1968. „Glückstadt 1867-1845“, S. 64 und S. 82/83.